Aufrechterhaltung, Förderung und Vermittlung der klassischen Reiterei

Gerd Schwabl von Gordon

"Viele heutige Reiter beginnen mit der dritten Stufe der Ausbildungsskala: der Anlehnung. Sie bauen damit ihr Haus auf Sand, der feste Unterbau fehlt. Dieser Umstand ist mit die Ursache vieler Fehler, die wir zur Genüge kennen: Über dem Zügel, hinter dem Zügel, Wegdruecken und Festhalten des Rückens, Zungenstrecken, Zackeln, heftig werden, Nervosität, um nur einige zu nennen.


Alle Pferde müssen lernen, den Hals fallen und lang zu machen in die Tiefe bei Hergabe des Genicks. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Pferd


  - einen schwachen Rücken


  - einen flachen tiefen Hals


  - einen sehr kurzen Hals aufweist,


  - sich aufrollt,


  - die Unterlippe zur Brust nimmt,


  - oder hinten überbaut ist.


Nicht umsonst besteht die Forderung, dass der Reiter in der Lage sein muss, allen Pferden bis zur höchsten Klasse in Sekundenschnelle das Aussehen einer Remonte geben zu können."


"Theoretischer Unterricht gehört immer zum Reitunterricht dazu. Der Reitschüler, der wirklich reiten lernen will, muss immer mehr den Geist der klassischen Reitlehre erfassen."

     

Heutzutage ist es häufig selbstverständlich, dass im Reitunterricht nur geritten wird. Theoretischer Unterricht kommt viel zu kurz. Lesen der Fachliteratur hilft weiter, ersetzt aber nicht den theoretischen Unterricht, weil nur in diesem Fragen zum richtigen und besseren Verständnis und zu Zusammenhängen möglich sind.

Wer jemals Unterricht bei Gert Schwabl von Gordon hatte, weiß, dass dieser die regelmäßigen Schrittpausen dazu nutzt, das Wissen des Reiters abzufragen. Weiß der Reitschüler nicht die richtige Antwort, wird es ihm erklärt. Und in der Regel kurz danach oder in der nächsten Stunde erneut abgefragt. Und dann wehe dem, der nicht richtig aufgepasst und die Antwort nicht verinnerlicht hat. Denn nur ein Reiter, der wirklich mit ganzem Herzen bei der Sache ist, hat überhaupt die Möglichkeit, seinem Pferd gerecht zu werden.

     

„Die Aussage, die heutigen Pferde wären schwieriger zu reiten als die damaligen Pferde und würden deswegen mit kurzem Hals und/ oder hinter der Senkrechten gehen, kann nur als Ausrede bewertet werden, nicht richtig reiten zu wollen oder zu können. Früher musste man sich in der Regel mit dem Pferd begnügen, welchem man habhaft werden konnte.

Fast jedes Pferd- und natürlich auch jeder Reiter- hat die ein oder andere Schwierigkeit. Die Reitvorschrift ist eben die Anleitung, alle Pferde klassisch ausbilden zu können; wie lange das dauert und wie weit es ausgebildet werden kann, hängt vom Pferd und vom Reiter ab.“

       

Gert Schwabl von Gordon über die Grundsätze des Longierens, dass das Pferd dabei von hinten nach vorne an die Hand getrieben wird und der Hilfszügel nicht einzwängt, sondern die Anlehnung nur zulässt, wenn das Pferd diese durch die treibenden Hilfen sucht. Grundsätze des Longierens sind das Longieren in der Tiefe und die Gebrauchshaltung. Die Haltung des Pferdes darf sich nicht durch die Ausbinder ergeben, sondern durch das Treiben von hinten nach vorne an die Hand und das richtige Zusammenspiel der Hilfen. Wird die

Haltung des Pferdes nur durch kurzgeschnallte Hilfszügel bewirkt, ist immer Spannung im Pferd.

       

Das Reiten mit hingegebenem Zügel in allen Gangarten, ohne dass das Pferd dabei eilig wird, ist der Prüfstein für die Zwanglosigkeit und damit Voraussetzung für die Losgelassenheit. Kann der Reiter ohne Zügel reiten, so ist das der einzig sichere Beweis dafür, dass er das Pferd nicht mit den Zügeln festhält-und außerdem, dass er

zügelunabhängig sitzt und auch das Vertrauen hat, sein Pferd loszulassen.

         

Denn auch bei leichtester Verbindung kann es sein, dass der Reiter die Zügel trotzdem nicht jederzeit hingeben kann, dann ist das Pferd festgehalten. Erst wenn der Reiter das Pferd in keinster Weise festhält, ist ein korrektes An -die -Hilfen- Stellen von hinten nach vorne über die treibenden Hilfen möglich. Kann das Pferd sich in allen Gangarten mit

hingegebenem Zügel unter dem Reiter bewegen, ohne wegzueilen, so ist dies außerdem ein Zeichen dafür, dass das Pferd unter dem Reiter seine Balance gefunden hat.

         

Erst wenn das Pferd richtig geht, machen Lektionen Sinn. Weil die meisten Reiter das richtige Gehen heutzutage nicht herbringen, finden sie ihre reiterliche Befriedigung im Reiten von Lektionen. Die Kunst besteht aber darin, das Pferd zum richtigen Gehen zu bringen, erst dann schließen sich Lektionen an. Oder diese Reiter meinen, dass sie das Pferd durch das Reiten von Lektionen zum richtigen Gehen bekommen, das ist aber ein Irrweg und eine Abweichung von der klassischen Reitlehre. Reiten hat nur Sinn, wenn das Pferd im Geradeausgehen und in Wendungen richtig geht. Findet dieser Grundsatz der klassischen Reitlehre keine Berücksichtigung, gaukeln die Leute sich etwas vor, was mit dem klassischen Reiten nichts zu tun hat. Durch das Reiten von Lektionen glauben sie noch, sie können reiten, obwohl sie die Grundlagen nicht begriffen haben.

         


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