Waldemar Seunig
"Der Abrichter muss zunächst auf die Sinne des Pferdes einzuwirken trachten, Lustgefühle erregen und sich dann das hochentwickelte Gedächtnis des Pferdes zunutze machen, um Ideenverbindungen zu schaffen, die in seinem Gehirn direkte Zusammenhänge zwischen einer großen Annehmlichkeit und einer bedeutend kleineren Unannehmlichkeit herstellen. "
"Bei der Ausbildung des jungen Pferdes wird es sich darum handeln, eine unmittelbare Einwirkung auf seinen Willen durch körperlichen Zwang möglichst zu vermeiden und einen solchen durch eine weitgehende Beeinflussung der Tierpsyche zu ersetzen."
"Dieses Werkzeug (der Sitz) soll ein Präzisionsinstrument erster Ordnung, es soll zweckmässig geformt und blank geschliffen sein, damit es, am richtigen Ort und ohne überflüssigen Kraftaufwand eingesetzt, das Höchstmaß an Wirkung erreichen kann."
"Der weich sitzende Reiter ist durch das Auge kaum wahrnehmbare, einen ganz geringen Ausschlag gebende Schwingungen seiner Wirbelsäule imstande, die Bewegungen des Pferdes auszusitzen, d.h. im Sattel zu kleben. Das Geheimnis dieses weichen Sitzes ist praktisch nur durch fleissiges Sich-longierenlassen, natürlich bügellos, auf schwungvoll gehendem Pferde zu lösen."
"Niemals das Pferd in die gewünschte Form hineinpressen wollen, es soll sie selbst im Vorwärts am Zügel finden!"
"Unter den vielen das Untertreten und damit den Gang störenden Fehlern sei zum Schluss noch der am häufigsten zu beobachtende erwähnt: die unruhige oder gar falsch aktiv einwirkende - die riegelnde Hand."
"Die gefühlvolle "denkende" Hand wird es verstehen, dem Pferd die Anlehnung möglichst angenehm zu machen. Sie soll so weich und elastisch sein, dass sie, fürs Auge nicht wahrnehmbar, mit den rhythmischen Bewegungen des Pferdes und den Vibrationen der Anlehnung "mitatmet". Das wird ihr allerdings nur dann gelingen, wenn sie an einem unabhängigen und schmiegsamen Sitz "befestigt" ist, der ihr, ohne selbst an irgendeiner Stelle steif und festgehalten zu sein, alle Schwingungen des Pferdekörpers zuleitet."
"Sind die beiden Schwerpunkte (von Pferd und ReiterIn) nicht auf der selben Linie - der Schwerlinie - gelegen, bedeutet das vermehrte Anstrengung und schlechteres Gehen."
"Eine Dressur, deren Endergebnis nicht auch konservierend ist, hat keine Daseinsberechtigung und unterbleibt besser ganz."